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DER KUSS
von Dante Gabriel Rossetti

Kann schwelendes Gefühl im Todesaufschub
Und Zugriff tückevollen Lebenswechsels
Die Würde rauben diesem Leib, entkleiden
Die Seele ihres Brautkleids, heut getragen?

Denn sieh! die Lippen meiner Herrin fanden
Mit meinen eben dieses Zwischenspiel,
Wie Orpheus es ersehnte, der umwarb
Das halbentführte dürstende Gesicht.

Ich war ein Kind von ihr berührt, – ein Mann,
Wenn Brust an Brust wir lagen, Ich und Sie, –
Ein Geist, wenn durch mich sah ihr Geist, – ein Gott,

Wenn unser Atem sich verband, zu schüren
All unser Blut zur Glut des Liebeseifers,
Im Feuer Feuer, Gottheit im Verlangen.

1961

The Kiss

What smouldering senses in death's sick delay
Or seizure of malign vicissitude
Can rob this body of honour, or denude
This soul of wedding-raiment worn to-day?

For lo! even now my lady's lips did play
With these my lips such consonant interlude
As laurelled Orpheus longed for when he wooed
The half-drawn hungering face with that last lay.

I was a child beneath her touch, – a man
When breast to breast we clung, even I and she, –
A spirit when her spirit looked through me, –

A god when all our life-breath met to fan
Our life-blood, till love's emulous ardours ran,
Fire within fire, desire in deity.
  
      zum Seitenbeginn Quelle: Lyrische Hefte 9, Juni 1961